Modellprojekt in Freiburg
Ziel des ausgewählten Modellprojekts in der Region Freiburg ist es, Infrastrukturen aufzubauen, die die regionalen Handelsstrukturen für Kleinproduzent*innen bündeln und dadurch die kurzen Wertschöpfungsketten in der Region für regionale (Bio-)Produkte stärken. Das Gewinnerkonsortium ist ein Zusammenschluss des Großmarkts Freiburg, der Erzeugergemeinschaft „Biogemüse Südwest“ (EZG), der Gemeinde Rheinhausen sowie dem digitalen Angebots- und Nachfragesystem "nearbuy".
Sabine Fey (Geschäftsführerin des Großmarkts Freiburg GmbH), Wolfgang Hees (Landwirt und Teil der Erzeugergemeinschaft „Biogemüse Südwest“ (EZG)) und Dr. Jürgen Louis (seit 2004 Bürgermeister der Gemeinde Rheinhausen) erklären, wie mit ihrer Initiative die regionale Produktion, Verarbeitung und Konsum von Lebensmitteln in Freiburg vorangebracht werden kann und welche Herausforderungen und Chancen sich dabei ergeben.
Ein ausführliches Porträt mit allen Antworten der drei Praxispartner*innen ist zum Download verfügbar.
Was genau macht eure Initiative/euer Projekt?
Wir schaffen neue Vermarktungswege für regionale Bioprodukte! Viel zu viel Obst und Gemüse und weitere Grundnahrungsmittel kommen von außerhalb der Region statt das die Möglichkeiten vor Freiburgs Haustür genutzt werden (…). Die peinliche Studie zur Freiburger Ernährung, die ergab, dass sich Freiburg nur zu ca. 10% regional ernährt, ist eine Schande für die green city und das Konzept einer regionalen Ernährungssouveranität. Da ist viel zu tun. Unsere Ziele – gemeinsam mit dem Ernährungsrat Freiburg – sind, für die bäuerlichen Betriebe vor Ort einen verlässlichen Absatz und ein sicheres Einkommen zu schaffen und die Freiburger Region mit nachhaltigen, regionalen und sicheren Bioprodukten zu versorgen. Dabei legen wir großen Wert darauf, die Nahrungsmittelverschwendung zu reduzieren, indem wir B-Ware und Überschüsse gezielt vermarkten. Ein wichtiger Faktor ist dabei die Außer-Haus-Versorgung und das Schul- und Kita-Catering mit dem vorgeschriebenen 30% Bioanteil.
Welche Schritte plant ihr gerade?
Wir stehen mit dem Projekt noch ganz am Anfang, haben aber schon erste Strukturen geschaffen: Zum Jahresanfang 2023 – also vor Auswahl des Projektes als Modellprojekt – konnten wir einen sehr geeigneten Doppelcontainer-Stand am Freiburger Großmarkt übernehmen, der gleichzeitig unser Verkaufsraum und Kühllager wird. Hier können wir die Produkte sammeln und vermarkten und aus den Kühllagern der Bauern und Bäuerinnen Nachschub einlagern. Wir planen derzeit die Verschönerung des Standes, um ihn attraktiver zu machen und werden die Kühlung auf ein nachhaltiges PV-System umstellen. Parallel laufen die Anbauplanungen mit den Bauern und Bäuerinnen, damit wir möglichst ab Frühsommer Produkte in ausreichender Menge anbieten können, um in die Vermarktung einzusteigen.
Teil des Projektes soll es sein zu prüfen, welche Anforderungen an einen Großmarkt Freiburg der Zukunft gestellt werden und wie die bereits seit Jahrzehnten funktionierenden Strukturen optimiert werden können. In einem ersten Schritt planen wir eine Befragung mit aktuellen Marktteilnehmer*innen, insbesondere Erzeuger*innen, Händler*innen und Kunden und Kundinnen, sowie Kunden und Kundinnen, die derzeit (noch) nicht auf dem Großmarkt einkaufen. Dies wird uns helfen, ein klares Bild von den Strukturen und Volumen der Lieferkette zu bekommen, die bereits auf dem Großmarkt vertreten sind, neue Kunden und Kundinnen zu identifizieren und zu gewinnen und die aktuelle Nachhaltigkeit unserer Aktivitäten zu bewerten.
Wir sehen die KOPOS-Förderung als eine Anschubfinanzierung an, die es uns ermöglichen soll, langfristig diesen Verkaufsweg und neue Wege für den Freiburger Großmarkt zu entwickeln. Die Zusammenarbeit mit dem digitalen Angebots- und Nachfragesystem nearbuy ist eine spannende Komponente des Projektes, aus der wir auch ein geeignetes Warenwirtschaftssystem entwickeln wollen, um zeitnah unsere Angebote darzustellen.
Welche Herausforderungen und Chancen seht ihr aktuell in der Freiburger Region beim Auf- und Ausbau von Infrastrukturen für eine regionale Lebensmittelwirtschaft?
Die Region rund um Freiburg mit ihren nach wie vor in großen Teilen recht klein strukturierten, häufig familiengeführten landwirtschaftlichen und gärtnerischen Betrieben ist prädestiniert, die Bevölkerung mit einer sehr großen Vielfalt an frischem Obst und Gemüse aus der Region zu versorgen. Die Entwicklungen der letzten Jahrzehnte stellen eine so klein strukturierte Einrichtung wie den Großmarkt jedoch vor große Herausforderungen. (…) Die Verbesserung der Infrastruktur, die wir mit diesem Projekt angehen, ist einer von vielen Bausteinen hin zu einer verbesserten Versorgung mit regionalen Lebensmitteln. Synergien werden geschaffen durch die Ansiedlung der Erzeugergemeinschaft Biogemüse Südwest, die über die vorhandene Infrastruktur ihre Waren vermarkten kann und das bereits breite Angebot auf dem Großmarkt weiter komplettiert – was wiederum auf der abnehmenden Seite neue Kund*innen für die Anbieter des Großmarktes generiert und die gesamte Einrichtung damit für die Zukunft stabilisiert.